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Kann man denn dagegen auch was machen?

Da OI auf veränderte Erbinformationen zurückzuführen ist, gibt es bis heute noch keine Therapie, die Aussicht auf Heilung bietet. Trotzdem gibt es natürlich eine Vielzahl von Therapiemöglichkeiten, die mehr oder weniger erfolgversprechend sind. Aus Platzgründen sind hier nur die drei schulmedizinisch anerkannten Säulen der Therapie erwähnt: Physiotherapie, medikamentöse Behandlung und orthopädische Versorgung.

Bewegung

Einige wenige deutsche Kliniken bieten spezielle OI-Sprechstunden an, bei denen Betroffene und Angehörige sich beraten lassen und gemeinsam mit den betreuenden Ärzt*innen einen individuellen, langfristigen Behandlungsplan aufstellen können. Um stützendes Muskelgewebe aufzubauen und Fehlhaltungen und Skelettveränderungen vorzubeugen, gehört für die allermeisten Menschen mit OI Bewegung in Form von regelmäßiger Physiotherapie ganz selbstverständlich mit zur Therapie und ist auch deren wichtigstes Element. Aber auch Sport (besonders Schwimmen), isometrische Übungen oder der Besuch beim Osteopathen können hilfreich sein. Für Menschen, die im Alltag Hilfsmittel wie z.B. Rollatoren, Gehstöcke oder Rollstühle nutzen, ist es außerdem sehr wichtig, den selbstbestimmten Umgang damit zu erlernen. Auch dies ist Aufgabe der Physiotherapie.

Medikamente

Für OI-Betroffene mit mittleren oder schweren Verlaufsformen hat sich außerdem die medikamentöse Behandlung mit Bisphosphonaten bewährt. Diese wirken zwar nicht gegen die erhöhte Knochenbrüchigkeit, können aber den ebenfalls veränderten Knochenabbau hemmen und so die Knochenfestigkeit verbessern. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen hat sich hier eine intravenöse Gabe von Bisphosphonaten als besonders erfolgversprechend erwiesen. Erwachsene können Bisphosphonate alternativ auch als Tablette erhalten. Die Häufigkeit von Knochenbrüchen nimmt ebenso ab wie das Auftreten von Knochenschmerzen. Dies wiederum führt zu einer deutlichen Erhöhung der Mobilität. Obwohl Bisphosphonate in der Regel gut vertragen werden und ihre Wirksamkeit erwiesen ist, sollte die Gabe nur in Absprache mit einer OI-erfahrenen Ärztin*/einem OI-erfahrenen Arzt* erfolgen.

An der Uni-Klinik Köln gibt es momentan eine Studie, die die Auswirkungen körpereigener Stoffe (monoklonale Antikörper) auf den Stoffwechsel von Kindern und Jugendlichen untersucht. Erste Ergebnisse sind sehr vielversprechend, abschließende Erkenntnisse liegen aber bislang noch nicht vor.

Orthopädische Versorgung

Knochenbrüche gehören bei sehr vielen Menschen mit OI zum Leben. Die Häufigkeit kann stark variieren. Manche brechen sich in ihrem Leben nur zwei Mal einen Knochen, andere zählen mehrere Knochenbrüche im Jahr. Allen Verlaufsformen ist aber eines gemeinsam: Die Knochenfestigkeit nimmt zu und nach der Pubertät kommt es nur noch selten zu Knochenbrüchen. Aus diesem Grund wird hier das Hauptaugenmerk auf die Versorgung von Kindern und Jugendlichen gelegt.

Bei Knochenbrüchen können diese in aller Regel konservativ, das heißt mit einem Gips versorgt werden. Da eine solche Ruhigstellung aber immer zum Abbau von Muskel- und Knochenmasse führt, sollte ein Gips nie länger als wirklich nötig getragen werden. Die Bruchheilung ist bei Kindern mit OI nicht eingeschränkt und dauert nicht länger als bei Kindern ohne OI. Eltern sollten aber darauf achten, daß Knochenbrüche mit möglichst leichten Materialien wie z.B. Scotch Cast geschient werden. Der altertümliche Gips-Gips sollte nur in sehr gut begründeten Ausnahmefällen eingesetzt werden.

Bei komplizierten Knochenbrüchen oder starken und beeinträchtigenden Verbiegungen hat es sich bewährt, sogenannte Teleskopnägel in die Knochen einzusetzen. Diese Nägel (z.B. Fassier Duval oder Bailey Dubow) bestehen aus zwei ineinandergeschobenen Teilen, die während des Wachstums auseinandergleiten und so den Knochen von innen schienen und stabilisieren. Nach Abschluss der Wachstumsphase ist eine Versorgung mit Teleskopnägeln nicht mehr nötig, die Behandlung kann dann mit Nägeln in gleichbleibender Länge erfolgen. Von einer Behandlung mit Metallplatten oder sogenannten Fixateuren sollte in der Regel abgesehen werden.

Welcher Nagel wann und für wen der richtige ist, müssen die Betroffenen in jedem Fall gemeinsam mit einer/einem Orthopäd*in ihres Vertrauens entscheiden. Die allermeisten OI-Familien haben sich irgendwann für eine*n bestimmte*n, auf OI spezialisierte*n Orthopäd*in entschieden, mit der/dem sie ein langjähriges und vertrauenvolles Verhältnis haben. Leider finden es noch immer viele Ärzt*innen hoch interessant, Menschen mit OI zu behandeln, auch wenn sie in ihrem Leben erst drei Menschen mit OI kennengelernt haben. Wir können daher nicht oft genug sagen, wie wichtig es ist, alle Behandlungen nur von Ärzt*innen mit viel Erfahrung durchführen zu lassen.